Dezember 2020
 Lesen und Hören

Zwei Geschenkbücher nicht nur für Kochfans: Sarah Wiener und Kate Young

Ich liebe Kochbücher. Seit vielen Jahren begleiten sie mich, stapeln sich in meiner Wohnung. Auch bekennende Nichtköchinnen und –köche haben keine Schonfrist – sie werden mit Kochbüchern beschenkt. Und siehe da, nach manch anfänglichem höflichen Dank oder – bei guten Freunden – klarem Protest, zeigt sich dann doch plötzlich ein „Ah, das klingt ja spannend“. Oder ich bekomme einige Wochen später eine Rückmeldung: „Mensch, ich hätte gar nicht gedacht, dass es so tolle Kochbücher gibt.“

Mein kleines Geheimnis: Ich suche nach Verschenkbüchern, die sich nicht primär ums Kochen drehen. Hier zwei meiner derzeitigen Favoriten:

Sarah Wiener: Gerichte, die die Welt veränderten

„Und Cäsar befahl: Wildschweinbraten für alle!“ Mit dieser schönen Anspielung auf Asterix und Obelix beginnt ihr phantastisches Buch. Wiener schreibt wunderbare Episoden rund um epochemachende Gelage, Bankette, Mahlzeiten von Cäsar bis Malala Yousafzai, jene junge Frau aus dem Norden Pakistans, die unerschrocken für die Rechte der Frauen streitet, sich eine Kugel in den Kopf einfängt und mit 17 die jüngste Nobelpreisträgerin aller Zeiten wird.

Es macht ungeheuren Spaß die vielen exzellent recherchierten Kulturgeschichten zu lesen: was haben Kennedy und Adenauer 1963 in Berlin gegessen? Welches Gericht hat Paul McCartney zum Stück Yesterday inspiriert? Was aß Mandela am Vorabend seiner Freilassung nach 27 Jahren Haft? Was futterten die Gäste der ersten Oscar-Nacht? …

Selbstverständlich gibt es auch jeweils ein passendes Rezept. Manchmal zitiert Wiener zunächst das Original und schlägt dann eine „für den heutigen Gebrauch“ passende Variante vor.

Wunderbare Fotos zu den Geschichten sind weit mehr als nur die Kirsche auf dem Sahnehäubchen.

Kate Young: Little Library Cookbook. 100 Rezepte aus den schönsten Romanen der Welt

Seit einigen Jahren betreibt Kate Young ihren Food-Blog „The Little Library Café“

2017 brachte sie dann ihr erstes „Little Library Cookbook“ heraus (deutsche Ausgabe 2018) und erhielt dafür postwendend den Year Award 2017 der Guild of Food Writers Blogger.

Was macht dieses Buch für mich so außergewöhnlich?

Kate Young verbindet ihren „Lesehunger“ mit der Lust am Kochen, vom „Guten Morgen“ bis zu „Schlemmereien um Mitternacht“, zu „Partys & Feste“ und „Weihnachten“.

Ihre Auswahl ist sehr persönlich, alles Bücher und Gerichte, die ihr „beim Lesen den Mund wässrig gemacht haben.“

Ein Beispiel: „Ein Leben ohne Porridge ist möglich, aber sinnlos.“ Ähnlich wie in Burnett’s „Der geheime Garten“ ist es auch Kate Young ergangen. Sie erzählt vom „widerwillig gelöffelt(en)“ Brei während ihrer Kindheit in Australien und davon, „wie gut er mir plötzlich schmeckte“, nachdem sie Australien den Rücken gekehrt und nach England gezogen war. Und dann präsentiert sie uns ein Rezept, das ich als alter Porridge-Verächter nicht gleich ad acta gelegt habe. Heute bereichert Porridge in einer Variante mit Beerenobst und Mandeln oder Pistazien meine Wahlmöglichkeiten zum Frühstück.

Mit Pu dem Bären ist Kate Young groß geworden. Und dann saß sie plötzlich mit dem Mann in einem Raum, der die Hörkassetten so wundervoll besprochen hatte. „Es traf mich wie ein Blitz“ schreibt Kate Young. Und schon rappelt es in der Rezeptkiste, und sie macht mir den Mund wässrig mit einem tollen Rezept für „Honigküchlein mit Rosmarin“.

Und so geht es bunt durch die Welt der großen und kleinen Literatur mit vielen Rezepten, die ich auch ohne Gefahr von Verletzungen nachkochen kann.

Einziger Wermutstropfen: Die Bilder sind sehr auf die Rezepte abgestimmt. Ich hätte mir visuelle Verbindungen zwischen Literatur und Kochen gewünscht, vielleicht auch einige Karikaturen oder Zeichnungen.

Alles in allem aber ein wunderschönes Buch, das Lust macht, den einen und anderen Roman wieder aus dem Regal zu holen, nach einer sahnigen Muschelsuppe in Melvilles „Moby Dick“ zu stöbern, bei Kümmelkuchen die Nase tief in den „Hobbit“ zu stecken oder die „Weihnachtsgeschichte“ von Charles Dickens mit Glühwein zu begleiten…

Band zwei „Mit dem Little Library Cookbook durchs Jahr“ folgte 2019 und begeistert mich in gleicher Weise. Hier finden sich am Schluss jedes Kapitels noch weitere Literaturtipps für jede Jahreszeit.

Hören

Beim Kochen liebe ich Musik, die Freude macht, gerne auch zum Mitsingen. Da passt Mozart mit seiner „Entführung aus dem Serail“ (1966, Eugen Jochum, Erika Köth und Fritz Wunderlich), „Die Hochzeit des Figaro“ (1985, Neville Marriner, Ruggero Raimondo und Luci Popp) oder „Die Zauberflöte“ (2010, René Jacobs, Daniel Behle und Marlis Petersen). Als passender Kontrast bietet sich „From No Art To Mo(Z)Art“ von Mathias Rüegg und seinem Vienna Art Choir an. Diese LP von 1983 ist derzeit leider wohl nur antiquarisch zu erhalten.

Und zum Mitsingen z. B. Zaches & Zinnober: „Dunkel war’s der Mond schien helle“ Kinderlieder und das „Konzert am Herd“ für Kinder von 4 bis 99

Heut ist ne Party am Herd
Mit tollem Küchenkonzert
und läuft auch alles verkehrt,
ja, da wird viel gelacht!
So wird trotzdem am Herd,
Bei unserem Küchenkonzert,
Ein leckeres Essen gemacht!

Viel Spaß