N.N. – Eisverkäuferin aus Bielefeld
30. März. Ich hatte in Bielefeld zu tun. Keine Zeit für eine Mittagspause. Am späteren Nachmittag stolpere ich auf dem Weg zum Bahnhof über den Reiter eines Eiscafés. In bunten Bildern werden Schoko-, Nuss-, Orangenbecher und mehr angeboten. Ich frage die junge Verkäuferin von vielleicht siebzehn / achtzehn Jahren nach einem Eierlikörbecher. Sie sieht mich fragend an. „Ich hätte gerne einen Eierlikörbecher mit Schoko-, Nuss- und Vanilleeis, Sahne und Krokant Streusel“ wiederhole ich. „Chefin, haben wir Eierlikörbecher?“ „Nein“ klingt es von hinten aus dem Café.
„Welche Eisbecher haben Sie denn“ frage ich. Sie dreht sich um und stellt mir Pappbecher in drei verschiedenen Größen auf die Theke. Na ja, meine Frage war sicherlich nicht ganz präzise gewesen; aber das war schon eine tolle Antwort. Jetzt sah ich die Verkäuferin stirnrunzelnd an. „Sie haben draußen den Aufsteller mit etlichen Eisbechern, z. B. einen Schokoladenbecher. Und da möchte ich einfach wissen, welche Eisbecher Sie hier zubereiten.“ „Chefin, welche Eisbecher machen wir?“ „Zurzeit keine.“ Ich bin enttäuscht. Wozu stellen die eine solche Werbetafel draußen auf, wenn die das Produkt nicht haben?
„Dann hätte ich gerne drei Kugeln Eis im Becher. Und zwar Schokolade, Nuss und Vanille. Und mit Sahne bitte.“ „Schokolade sehe ich. Sehen Sie Nusseis?“ Ich sehe auch kein Nusseis. „Chefin, haben wir Nusseis?“ „Wenn vorne keins ist, dann haben wir auch keins.“ „Na, dann nehme ich Stracciatella. Das ist da vorne. Und alles mit Sahne bitte.“ „Chefin, haben wir Sahne?“ „Nur Sprühsahne.“ Ich verzichte.
„Chefin, was kosten drei Kugeln Eis im Becher?“ „3,90.“ Ich bin irritiert. „Hier steht doch, 1,20 pro Kugel.“ „Chefin, wie teuer ist das Eis noch mal?“ „3,90 für drei Kugeln.“
Jetzt rufe ich nach hinten. „Hier steht aber, 1,20 pro Kugel.“ „Der Rest ist für den Becher. Der kostet doch auch.“ „Aha. Und wie teuer ist das im Hörnchen?“ „3,60.“ „Hörnchen sind also in der Herstellung preiswerter als Becher?“ „Weiß ich doch nicht. Das ist aber der Preis.“
Ich nicke und gebe der Bedienung zehn Euro. Sie schaut angestrengt und gibt mir einen fünf Euroschein zurück. Inzwischen hat sich die Chefin erhoben und kommt nach vorne. „Wieviel hat er Dir denn gegeben?“ „Zehn Euro.“ „Und was hast Du ihm zurückgegeben?“ „Fünf Euro.“ „Na, dann gib ihm noch 1,10. Dann ist es o. K.“ Sie klaubt noch 1,10 aus der Kasse.
Bevor ich gehe, frage ich die Verkäuferin, ob sie noch neu im Verkauf sei. „Nö, das habe ich letzte Saison auch schon gemacht.“
Ob die Chefin wohl jemals auf den Trichter kommt, sich um die Entwicklung ihrer Verkäuferin und damit um ihr eigenes Geschäft zu kümmern? Vielleicht passt das alles aber auch zu einer Stadt, die es eigentlich gar nicht gibt.