Oktober 2021
 Lyrik

Ja, so kann es gehen

Das folgende Stück ist Anfang der 90er Jahre entstanden. Mein Freund Wilhelm wollte seiner Freundin Ingrid eine besondere Überraschung bieten.

Wer sagt heutzutage nur noch ganz schlicht
Ich liebe dich?

Ihm schwant Gutes.
Verheißungsvoller Blick am frühen Morgen.
Verschmitztes Lächeln beim Abschiedskuss.
Doch nicht die Andeutung eines Wortes,
das in die richtige Richtung weist.

Folter für viele Stunden.
Früh eilt er nach Hause.
Freut sich.

Sie hat bestimmt eine Überraschung für mich.
Ich hab’s ihr deutlich angesehen.
Und ich?
Ich kauf noch schnell Blumen.
Dann steh ich nicht allein, ohne Liebesgabe.

Rosen als Zeichen meiner Liebe.
Viele, die ihr Wegweiser sind,
teelichterflackernd umhüllt,
den Flur entlang,
die Treppen hoch,
ins Zimmer,
wo sich unsere Leiber gerne wälzen.

Und ich darinnen,
zitternd vor freudiger Erregung
auf sie und auf ihr Geschenk.

Wer sagt heutzutage nur noch ganz schlicht
Ich liebe Dich?
Das reicht nicht,
muss Staffage kriegen,
damit es wirkt.

Rosen gestreut,
teelichterflackernd umhüllt,
den Flur entlang,
die Treppen hoch,
ins Zimmer,
wo sich unsere Leiber gerne wälzen.

Sie schreitet,
den Rock geschürzt,
frohe Erwartung im Blick
auf das, was hinter der Tür,
auf sein Geschenk an sie.

Doch eine Rose lag zu viel,
noch glatt vom Nass,
das sie frisch gehalten.
Sie rutscht,
zerreißt die teuren Strümpfe,
zerschrammt Gesicht und Arme.

Gebrüll gegen den,
der hinter der Tür,
in zitternder Erwartung
ihres Körpers und ihrer Gabe.

Gebrüll

„Was für eine scheiß Idee.“