Der Verbrennungsmotor wird verschwinden – Machtwort der Kanzlerin
Die Wirtschaftswoche schrieb am 11. Februar:
Elektromobilität ist für Motorenfans weiterhin ein Reizthema. Auf eine Facebook-Anfrage in der Gruppe „Schöne Sterne“ reagieren die Mitglieder emotional. Einer kommentiert:
„Ich werde Zeit meines Lebens kein Elektro-Auto fahren! Ich liebe es, wenn der Wagen im Kaltstart hochtourig blubbert. Ein E-Auto löst bei mir keine Emotionen aus.“
Ein anderer antwortet: „Der Grund, warum ich Verbrenner fahre, ist einfach: Ich brauche Sound beim Fahren.“
WiWo, 11.02.2021
Ein Autogipfel nach dem nächsten endet mit Bla, bla, bla. Laut Spiegel Online vom 10.02.2021 plant lediglich Volvo einen verbindlichen Ausstieg aus der Produktion von Verbrennern bis 2030. Audi, BMW, Daimler und Co. haben keine Absichten oder nennen nur unverbindliche Planzahlen.
Doch ganz allmählich erkennen auch die Autokonzerne ihre profitablen Chancen und erhöhen das Ausstiegs-Tempo, wie die Kanzlerin nach dem letzten Autogipfel erfreut der Presse verkünden konnte.
Heute überrascht sie die Journalistinnen und Journalisten auf der Bundespressekonferenz durch ihre eigene Anwesenheit.
„Meine Damen und Herren. Ich begrüße Sie ganz herzlich zur Bundespressekonferenz. Dass ich hier heute vor Ihnen sitze, hat einen ganz besonderen Grund. Nein, nein, ich werde nicht meinen Rücktritt bekannt geben. Warum sollte ich das auch wenige Wochen vor meinem regulären Abschied als Kanzlerin tun? Die kurze Zeit bis dahin werden Sie mich ja wohl noch ertragen können.“ Dabei grinst die Kanzlerin übers ganze Gesicht. Sie sieht geradezu jung und entspannt aus. Was ist passiert? Was wird Merkel gleich Verblüffendes bekannt geben? Die Anwesenden schauen die Kanzlerin gespannt an.
„Meine Dame und Herren, es geht heute nur um einen Punkt. Und da benötige ich Ihre volle Unterstützung und Aufmerksamkeit. Ich wende mich heute an die gesamte Nation in einer Angelegenheit, die mir ans Herz gewachsen ist. In einer Angelegenheit, deren Dringlichkeit keinen weiteren Aufschub erlaubt. In einer Angelegenheit, die wir angesichts der Corona-Pandemie nicht mehr mit der notwendigen Energie verfolgt haben. Ich werde Sie dazu jetzt vorab informieren. Heute Abend werde ich eine Fernsehansprache direkt nach der Tagesschau halten.
Wir sind weltweit auf dem besten Wege, unseren Planeten sehr viel schneller als prognostiziert, endgültig zu vernichten. Wetterkapriolen sind inzwischen regelmäßige Begleiterscheinungen unseres Alltags. In Deutschland waren im letzten Jahr 8 Monate zu trocken und 4 Monate zu nass. Ein Großteil unserer Wälder ist krank. Unsere Landwirte und Obstbauern beklagen seit langem Ernteausfälle. Weltweit schmelzen die Pole immer schneller ab. Monokulturen vernichten ganze Landstriche. Dürre und Überschwemmung. Sie alle kennen inzwischen die Schreckensbilder aus der ganzen Welt. Doch was ändert sich? Und mit welchem Zeithorizont?
Es reicht. Wir müssen heute radikal werden, wenn wir unseren Kindern und Enkelkindern kein ökologisches Trümmerfeld überlassen wollen. Ich werde als Kanzlerin von Deutschland nicht länger auf ein Wunder warten. In Abstimmung mit Wirtschaftsminister Altmeier und Finanzminister Scholz habe ich eine Vorlage entwickelt, die wir kommende Woche im Bundestag beschließen werden. Und ich werde dieses Mal keine Ausreden zulassen.
Ich habe mich gefragt, welches Signal wir in die Welt setzen können, das auch auf andere Länder wirkt, das zu einer kurzfristigen signifikanten Verringerung der Umweltbelastungen weltweit führen kann, wenn die westlichen Nationen mitziehen und eine Vorbildfunktion einnehmen. Wir werden ein Zeichen setzen, das die Welt aufrütteln wird und hoffentlich viele Nachahmer findet.
Der beschleunigte Ausstieg aus der Produktion von PKW mit Verbrennungsmotor ist richtig und gut, und ich freue mich, dass die vielen Gespräche und Verhandlungen mit den Herstellern Früchte tragen. Das erfreut mich, die vielfach verspottete „Autokanzlerin“, auch ganz persönlich.
Wir dürfen aber nicht nur in die Zukunft der Produktion schauen. Auf unseren Straßen fahren gegenwärtig fast 47 Millionen PKW mit Verbrennungsmotor. Wir haben aber nicht einmal 42 Millionen private Haushalte in Deutschland. Seit 1995 hat die von PKW mit Dieselmotor erbrachte Fahrleistung um fast 200 % zugenommen und damit die technischen Fortschritte mehr als aufgefressen. PKW machen rund 61 % der gesamten CO2-Emissionen des Straßenverkehrs in Europa aus. Die aktuelle Umweltstudie unseres Umweltministeriums kommt daher auch zu folgendem Schluss:
Wir werden in den kommenden zwölf Monaten sämtliche in Deutschland zugelassenen und hier eingesetzten PKW mit Verbrennungsmotor von der Straße nehmen und damit in kurzer Zeit nicht nur den CO2-Ausstoß, sondern auch den Ausstoß an Stickstoffdioxiden, unter dem vor allem die Menschen in Ballungsgebieten leiden, deutlich verringern. Wir werden damit ein unübersehbares Signal in die ganze Welt senden.
Die Autohändler der jeweiligen Marken nehmen Ihren PKW zum aktuellen Schwackewert zurück. Darüber hinaus erhalten Sie vom Autohändler eine Prämie ausgezahlt, die 30 % des ermittelten Schwackewertes ausmacht. Die Kosten für die Prämie trägt der Bund.
Noch attraktiver wird es für Sie, wenn Sie sich von Ihrem Händler direkt ein Angebot für einen umweltfreundlichen PKW machen lassen. Denn der Kauf eines Hybrid-, Elektro- oder Wasserstoffautos wird zusätzlich von der Bundesregierung gefördert. Und je zügiger Sie sich von Ihrem Verbrenner trennen, desto höher wird Ihre Prämie. Das ganze Verfahren läuft sehr einfach und unkompliziert. Es gibt nur drei Kategorien, die sich nicht nach der Wagengröße, sondern nach Einkommen richten. Geringverdiener erhalten die höchste Prämie, Großverdiener mit Nettoeinkommen über 200.000 EUR erhalten keine Prämie. Die Prämien bewegen sich zwischen 5.000 und 15.000 EUR in Abhängigkeit von Ihrem Einkommen. Nach Ablauf des noch festzulegenden Zeitpunkts dürfen in Deutschland keine PKW mit Verbrennungsmotor mehr fahren.
Jedes Auto ist nach Auskunft unabhängiger Gutachter zu 80 bis 90 % wieder verwertbar, seien es Metall, Kautschuk, Wollstoffe und Leder, Materialien, die als ’seltene Erden‘ bekannt sind usw., usw. Zusätzlich zur Prämie erhält jeder Kunde einen Anteil von 50 % aus dem Recyclingerlös seines Wagens. Die zweite Hälfte geht an den Händler. Wir richten bundesweit eigene Stützpunkte ein, an denen die PKW durch die Händler abgegeben werden können.
Mit diesem mutigen Schritt reduzieren wir innerhalb weniger Monate die Umweltbelastung in Deutschland ganz nachhaltig und senden ein unübersehbares Zeichen in die ganze Welt. Gleichzeitig kurbeln wir die Umstellung auf umweltfreundliche Autos in nie dagewesenem Ausmaß an. Deutschland wird das erste Land der Welt sein, in dem nur noch umweltfreundliche Autos fahren werden.“
„Peters, Handelsblatt: Frau Bundeskanzlerin, wie ist dieses Projekt gegenfinanziert?“
„Mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen werden wir diese gewaltige Aufgabe finanzieren: wir reduzieren unsere Verteidigungsausgaben um jährlich 3 Mrd. EUR. Mit Hochdruck digitalisieren wir sämtliche Verwaltungen in Deutschland und sparen so nach vorsichtigen Schätzungen ab dem kommenden Jahr 1 Mrd. EUR an Verwaltungsaufwand jährlich mit einem Einsparpotenzial von weiteren 25 bis 30 % pro Jahr in den folgenden fünf Jahren. Wir erheben für die kommenden 10 Jahre eine Sondersteuer auf Luxusartikel sowie umweltschädliche Verkehre. Wir werden z. B. auf sämtliche innerdeutsche Flüge eine Sondersteuer in Höhe von 100 % des Flugpreises erheben. Wegwerfartikel, die nicht unter die aktuelle Plastikverordnung der EU fallen, werden ebenfalls mit einer Sondersteuer in Höhe von 100 % belegt. Die To Go-Gesellschaft wird es künftig in der heutigen Form in Deutschland nicht mehr geben. Wer Verpackungsmüll einsetzt, muss dafür hohe Abgaben zahlen. Diese Maßnahamen bringen noch einmal 12,7 Mrd. EUR jährlich. Die bislang notwendigen Maßnahmen für Luftreinhaltung etc. können kurzfristig bereits deutlich zurückgefahren werden. 400 Mio EUR Einsparpotenzial. Nach Ablauf der Übergangsfrist wird die steuerliche Vorzugsbehandlung umweltfreundlicher PKW aufgehoben. Das führt zu Mehreinnahmen von ca. 2,3 Mrd. EUR jährlich. Und das ist erst der Anfang des Finanzierungspaketes.
„Kerbel, Springer: Frau Bundeskanzlerin, das ist doch nicht umsetzbar. Wie wollen Sie denn die zu erwartenden Klagen gegen diese diktatorischen Maßnahmen überstehen? Da macht doch kein Gericht dieser Welt mit, sofern es nicht in Rußland oder in China sitzt.“
„Ich vertraue da ganz auf die Vernunft unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger. Und aus welchem Grund sollte jemand gegen etwas klagen, das ihm nur Vorteile bringt?
„Schuster, FAZ. Frau Bundeskanzlerin, gibt es denn auch Zusagen der Autoindustrie hinsichtlich der Preisentwicklung umweltfreundlicher PKW? Die müssten doch bei einem sprunghaften Anstieg der Nachfrage massiv im Preis sinken. Allerdings unter der Voraussetzung, dass die Produktion mit dem Anstieg der Nachfrage Schritt halten kann. Ist das denn gesichert?“
„Da in Kürze die Produktion von PKW mit Verbrennungsmotoren komplett eingestellt wird, bleibt den Herstellern gar nichts anderes übrig, als die Produktion umweltfreundlicher PKW radikal hochzufahren. Das ist in der Tat eine gewaltige Herausforderung. Unsere deutschen Hersteller haben in den vertraulichen Gesprächen, die ich dazu geführt habe, verbindlich zugesagt, dass sie das schaffen. Und auch der Preis wird angesichts der Mengenentwicklung deutlich sinken. Im letzten Jahr lag der Durchschnittspreis für die Anschaffung eines Neuwagens bei 36.400 Euro. Die Hersteller haben zugesagt, dass sie bei vergleichbarer Ausstattung den Durchschnittspreis auf unter 30.000 Euro senken können. Damit wird der Tausch Alt gegen Neu praktisch zum Nulltarif möglich. Besser geht es doch wohl nicht.
Ich bitte Sie von ganzem Herzen, dieses weltweit einmalige Vorhaben mit aller Kraft und all Ihren Möglichkeiten zu unterstützen.
Ich danke Ihnen.“
„Entschuldigung Frau Bundeskanzlerin, Kornfeld, Süddeutsche. Ich erhalte gerade eine wichtige Information zu diesem Thema. Unser Rechercheteam teilt mir soeben mit, dass die 47 Millionen PKW nicht recycelt werden, sondern komplett nach Afrika gehen, wo ja die Durchdringung mit PKW noch weit unter 10 % liegt. Es gibt dazu offensichtlich eine Geheimabsprache zwischen den Autokonzernen und der Afrikanischen Union. Danach erhalten die Konzerne den ursprünglichen Anschaffungspreis jedes Fahrzeugs zu 100 %. Das würde doch sowohl die gesamte Umweltaktion konterkarieren, als auch den Autokonzernen ungeheure Profite einbringen. Ist Ihnen das bekannt?“
Eine Sekunde Schockstarre. Dann bricht ein Fragengewitter los. Man kann nicht mehr unterscheiden, an wen die Fragen gerichtet sind. Ein einziges Tohuwabohu aus Lärm und Geschrei. Die Kanzlerin verlässt eilig den Saal.