Anna Moffo (1932 – 2006)
Weitgehend vergessen, trotz eindrucksvoller Stimme mit fabelhaften Aufnahmen aus rund zwanzig Jahren. Doch wie viele Jahre mehr hätte sie uns Freude schenken können, wenn, ja wenn nicht ….
Tochter eines italo-amerikanischen Schuhmachers. Soll auf Wunsch der Eltern katholische Nonne werden. Kommt dann aber glücklicherweise doch zur Musik. 1954 Teilnahme an einem Musikwettbewerb in Philadelphia. Dirigent Ormandy: „It is impossible for anyone that beautiful to sing, so I closed my eyes and she won on merit.“ (nach Jürgen Kesting. Begleitbuch zu Anna Moffo. The Complete RCA Recital Albums). In den 1950ern Musikstudium in Italien bei der berühmten Lehrerin Mercedes Llopart. Nach einer 1956 von ihrem späteren Ehemann Lanfranchi produzierten TV-Produktion von Madame Butterfly geht es mit ihrer Karriere und Engagements in der ganzen Welt steil bergauf. Fast zwei Jahrzehnte lang ist Anna Moffo in mehr als zwanzig Rollen der gefeierte Star an der Metropolitan Opera.
Schönheit und Gesang bringen ihren Mann, seinerzeit auch Produzent von RCA Victor, auf die fatale Idee, gegen ihren Willen aus Anna Moffo eine „neue Callas“ machen zu wollen. Viel zu früh mit viel zu vielen Rollen vollgestopft – vom romantischen Belcanto bis hin zu überfordernden Spinto-Rollen, den der maßlos Leidenden Diva z. B. in Tosca, Aida, Madame Butterfly -, lässt Lanfranchi ihrer Stimme zu wenig Zeit, sich über die Jahre zu entwickeln und zu festigen. Dazu kommt der Unsinn, Anna Moffo als „Glamour Girl“ in Filmen, Fernsehshows und auf den Titelblättern der Klatschpresse zu vermarkten.
Typisches Beispiel für ein großes Talent, das dem „schnellen Geld“ geopfert wurde. Anthony Tommassini schließt seinen Nachruf in der New York Times mit einem sehr treffenden Moffo-Zitat:
„I was working too hard and traveling too much …I got mixed up in TV, films, things like that. Psychologically, I was miserable, always away, always alone.“
Hören
Verdi. La Traviata. Moffo. Cioni. Sereni. Karajan. Orchestra e Coro del Teatro a la Scala. 1964
Puccini. La Bohème. Callas. di Stefano. Moffo. Votto. 1956 Mailänder Scala (alternativ die wunderbare Einspielung unter Erich Leinsdorf von 1961 mit Moffo als Mimí auf Vinyl)
Mozart. Le Nozze Di Figaro. Schwarzkopf. Moffo. Tadei. Giulini. Philharmonia Coro e Orchestra. 1961
Bellini. La Sonnambula. Moffo. Vega. Clabassi. Bartoletti 1956 RAI TV-Aufnahme
Anna Moffo. The Complete RCA Recital Albums. 2015. 12 CDs mit einem umfassenden Querschnitt durch Oper, Operette, Lied bis hin zu romantischen Filmsongs. Hier findet sich auch die exzellente Aufnahme mit dem American Symphony Orchestra unter Leopold Stokowski. Moffo singt auf Französisch u. a. die sehr schönen „Songs Of The Auvergne“
Zum Reinhören
Verdi. La Traviata. Libiamo – Un Felice. Moffo. Nicolai Gedda, 1962
Puccini. La Bohéme. Quando m’en vo. Moffo. Callas. di Stefano. 1956
Mozart. Le Nozze Di Figaro. Deh, Vieni, Non Tardar. Moffo, 1959
Bellini. La Sonnambula. Ah! Non Credea Mirarti. Moffo. Vega. Clabassi. Bartoletti. 1956 RAI TV-Aufnahme
Chants d’Auvergene. L’Antounèno und Baïlèro. Moffo. Stokowski. American Symphony Orch. 1964